Kromfohrländer -

eine Rasse mit Handlungsbedarf

warum ist der Anteil erkrankter Hunde zu gross?

 

Zum Einstieg ins Thema sei hier Dr. Helmut Wachtel, der anerkannte Kynologe und Genetiker zitiert:

 

 

"Da der Kromfohrländer nur von sehr wenigen Hunden abstammt, ist der Inzuchtkoeffizient sehr hoch.

Inzwischen ist wegen der Erweiterung des Genpools die Einkreuzung einer ähnlichen Rasse diskutiert worden, doch soviel ich weiß nicht beschlossen worden, da dies aus Gesundheitsgründen (noch) nicht erforderlich sei.

Ich würde dies dennoch begrüßen, wenn es auch viel Kosten und Mühe macht, da dabei viele Mischlinge produziert würden und erst ab der 5. Generation so gut wie keine Unterschiede zu reinrassigen Kromfohrländern festzustellen wären.
Dennoch würde dies die Gesamtfitness in der Rasse heben.

Da in letzter Zeit der Druck zur Verbesserung der genetischen Variabilität bei den Hunderassen stark zugenommen hat, ist zu hoffen, dass es doch noch dazu bei den Kromfohrländern kommen wird, da sonst mit einer weiteren laufenden Abnahme der genetischen Vielfalt gerechnet werden müsste."


                                (© Dr. Helmut Wachtel, 4. Dezember 2008)

 

 

 

Wer die Geschichte der Kromfohrländer kennt, weiß, dass die Rasse erst 1955 vom VDH anerkannt wurde, sie fußt auf drei Vorfahren. Dies ist, kynologisch gesehen, eine absolute Ausnahme, die allermeisten Rassen haben ihren Ursprung bei einer größeren Population und die Wurzeln liegen oftmals Jahrhunderte zurück.

Die Aussage: "Je kleiner der Inzuchtkoeffizient ist, umso vitaler und gesünder ist die Rasse" trifft zu, allerdings darf man diese Faustregel nicht einfach vorschnell umsetzen.
Berechnet man bei den Kromfohrländern den Inzuchtkoeffizienten, dann erhält man zwar vordergründig oft korrekte Werte, die vermuten lassen, es sei alles in Ordnung - in der Realität sieht es jedoch anders aus.

Die Rasse der Kromfohrländer basiert auf einer Inzestzucht.

Frau Angela Machenheimer verfasste 1992 ihre Diplomarbeit zum Thema „Zur Zuchtgeschichte des Kromfohrländers, zugleich eine populationsgenetische Analyse“ und sie schreibt darin bezüglich der Inzucht:



„Der Rüde Benno 013 wurde mit seiner Mutter „Zottel“ gepaart. Aus dieser Verbindung stammen der Rüde „Eiko“ 019 und die Hündin „Esta“ 020.
Die Hündin „Bazi“ 015, aus demselben Wurf Bento/Zottel, wurde wiederum mit „Eiko“ 019 gepaart. Aus dieser letzten genannten Paarung ergibt sich ein äußerst kompliziertes Verwandtschaftsverhältnis.
Da Eiko dieselbe Mutter wie Bazi hat, ist er Bazis Halbbruder.
Der Vater Eikos ist gleichzeitig Bazis Bruder, d.h. Eiko ist auch Bazis Neffe.
Weiterhin sind Bazis Vater und Eikos Mutter Vollgeschwister, woraus sich auch ein Cousin/Cousine-Verhältnis ergibt.
Wie konsequent Inzucht getrieben wurde und wie eng die Zuchtbasis schließlich werden musste, zeigen diese wenigen Beispiele auf“.



Auch Hans Räber, der bekannte Schweizer Kynologe, schrieb:


Die wenigen Beispiele mögen aufzeigen, wie konsequent Inzucht betrieben wurde und wie eng die Zuchtbasis schließlich werden musste. Bis auf eine einzige Ausnahme wurden nur Nachkommen der Stammeltern „Peter“ und „Fiffi“ zur Zucht verwendet."

 


Die Folge dieser starken Inzucht beim Kromfohrländer ist eine Inzuchtdepression.

 


Wikipedia sagt dazu:


"Eine Inzuchtdepression ist die Reduktion der Fitness (z. B. Krankheitsresistenz, Fruchtbarkeit etc.) von ingezüchteten Populationen. Sie tritt besonders in eingegrenzten Lebensräumen auf, in der die genetische Durchmischung einer Population eingeschränkt ist und ggf. ein genetischer Flaschenhals vorliegt. Dies ist unter anderem bei kleinen Tierpopulationen in Inseln ihres Lebensraumes der Fall, die keinerlei Austausch mit anderen Inseln erlauben. In solchen Populationen können vermehrt Erbkrankheiten auftreten, siehe dazu auch Erbkrankheiten in endogamen Populationen.
Inzuchtdepression kann ebenfalls eine Folge von Zuchtprogrammen sein, bei denen immer wieder die gleichen ausgesuchten Elterntiere zur Zucht eingesetzt werden (z. B. Championzucht bei Hunden).
Aufgrund der Unteilbarkeit des Erbgutes auf der Ebene der einzelnen Allele kommt es zum Verlust von Allelen aus dem Genpool, die genetische Vielfalt und damit auch die effektive Populationsgrösse reduzieren sich nach und nach. Es entsteht aufgrund der genetischen Einheitlichkeit der Population Inzucht auch zwischen nicht näher verwandten Paaren. Die Population kann degenerieren und anfälliger für Krankheiten werden."

 


Auch wichtig zu wissen ist, dass bei den Kromfohrländern immer kleine Welpenzahlen über die Jahre hinweg fielen, im Vergleich mit großen Hunderassen.

Ab 1970 fielen Würfe im einstelligen Zahlenbereich, über 15 Jahre lang...
Mit einer so kleinen Population ist klar, dass auch die nachfolgenden Generationen keine große Auswahl an Verpaarungspartnern hatte.

Seit Anerkennung der Rasse sind "erst" ca. 4000 Welpen geboren.
Zum Vergleich:   
2012 fielen unter dem Dachverband VDH in Deutschland alleine 2265 Golden Retriever Welpen. Mehr als halb so viel wie die gesamte Rasse der Kromfohrländer über 60 Jahre!
2012 erblickten in Deutschland 174 Kromfohrländer die Welt.


Wir halten also fest: Wir haben beim Kromfohrländer eine Rasse, die erst 1945 entstand, auf einer Inzestzucht basiert und eine geringe Welpenzahlen aufweist.

Und hier haben wir die Wurzel des Übels...
Die Folgen dieser genetischen Verarmung sehen wir ganz real, wenn wir die Daten auswerten, die dem VRK vorliegen.

Der VRK verfügt über eine eigene Zucht-Software, in die alle überprüften Gesundheitsdaten eingepflegt werden.
Nebst den offiziell gemeldeten erkrankten Kromfohrländern liegen auch sehr viele selbst recherchierte, überprüfte Daten über Kromfohrländer vor.
Fügt man alle diese Daten in Relation über einen längeren Zeitraum, dann stellt man fest, dass fast jeder Dritte Kromfohrländer im Laufe seines Lebens erkrankt.


Und bedenken Sie: die Dunkelziffer ist in dieser Berechnung nicht erfasst, denn viele Kromfohrländerbesitzer melden die Erkrankung nicht beim offiziellen Verein und wenn wir diese Besitzer nicht selbst kontaktiert haben und somit von den kranken Hunden erfahren, dann können diese Daten nicht zur Verfügung stehen für unser Berechnungsmodell.


Man kann nicht davon ausgehen, dass alle nicht gemeldeten oder nicht bekannten Kromfohrländer gesund sind, demzufolge ist in der Realität wohl sogar mehr als ein Drittel der Kromfohrländer von einer Erkrankung betroffen.

"In jeder Rasse fallen kranke Hunde" - diesen Satz hört man oft. Stimmt! Rassehundezucht ist, gerade heutzutage, eine sehr schwierige Sache und kein Züchter der Welt kann für sich in Anspruch nehmen, garantiert 100% gesunde Hunde zu züchten.

Aber, die Fragen lauten: wie häufig erkranken denn die Hunde?
Wie viele sind betroffen?
Wie hoch ist der Anteil der kranken Hunde innerhalb der Rasse?

Und wenn man sich jetzt einen Sechser-Wurf Kromfohrländer-Welpen vorstellt und weiß, dass mit größtmöglicher Wahrscheinlichkeit mindestens zwei davon früher oder später erkranken, dann ist das nach Ansicht des VRK eindeutig zu hoch.

Der einzige Weg aus dieser "Misere" ist eine Auffrischung des Genpools.
Und hier schlagen wir wieder den Bogen zum Zitat von Herrn Wachtel.

Der standardgebende Zuchtverein der Kromfohrländer in Deutschland befand, die Rasse hätte ein Einkreuzprojekt noch nicht nötig, alles sei im grünen Bereich.

Dieser Ansicht ist der VRK nicht. Wir teilen die Meinung von Herrn Wachtel, dass Handlungsbedarf besteht und dass eine Genauffrischung unabdingbar ist.

Der Kromfohrländer kann innerhalb der eigenen Rasse den Genpool nicht erweitern, zu nah verwandt ist die ganze Population. Das zeigt sich auch in der Tatsache, dass verschiedene Genforschungsprojekte beim Kromfohrländer scheiterten, weil die Gene nicht aufgeschlüsselt werden konnten, da sie verwandtschaftlich zu eng verbunden sind.

Wir möchten keine Welpen züchten im Wissen, jede dritte Familie wird sich über kurz oder lang mit einem erkrankten Hund abfinden müssen. Diese Verantwortung wollen und können die Züchter im VRK nicht tragen.

Auch im VRK gibt es keine Garantie auf 100% gesunde Hunde, das sei klar gesagt. Wir züchten mit einer Rasse mit hohem Krankheitspotential, das ist uns bewusst und muss auch den Welpenkäufern klar sein.

Unser Ziel ist es, die Krankheitsrate bei unseren Hunden deutlich zu senken, und so langfristig  wieder zu einem gesünderen Kromfohrländer zu gelangen - unser Weg führt über unser gezielt geplantes Einkreuzprojekt.

Wenn Sie mehr unser Zuchtprojekt wissen möchten, dann sei Ihnen die Lektüre dieses Artikels empfohlen.